τὸ μὲν οὖν αἰσθάνεσθαι ὅμοιον τῷ ... νοεῖν.

Das Wahrnehmen nun ist ähnlich dem ... vernünftigen Erfassen.

Aristoteles (De Anima III, 7: 431a)

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Sonntag, 23. März 2014

Exkurs zur Erkenntnispolitik


In den vergangenen Wochen sind wir öfter auf eine Thematik gestoßen, die ich mit dem Wort „Erkenntnispolitik“ umschrieben habe – das nun ganz gewiß bei Aristoteles nicht vorkommt. Es handelt sich um eine Begriffserfindung, die ich im Jahre 1981 in den Untertitel meiner Arbeit Menschenfassungen. Studien zur Erkenntnispolitik gesetzt habe (welche 1985 und dann wieder 2012) erschienen ist)[1]. Ich verstehe darunter menschliche (individuelle oder kollektive) Einstellungen, Eingriffe, Entscheidungen, Machenschaften, die sich auf epistemische Leistungen beziehen, obwohl diese von jenen „aktionistischen“ Einflüssen frei zu sein beanspruchen.
Derjenige aristotelische Begriff, der uns auf diese Spur geführt hat, war der „tropos tes dynameos“ (1004b 25), also die Wendung der Fähigkeit, vielleicht dürfen wir sagen die Wendung der Erkenntnisfähigkeit, mit der sich der Philosoph, also der Suchende nach der „gesuchten Wissenschaft“, vom Sophisten absetzt, welcher sich mit derselben Sache beschäftigt – aber nicht wirklich sondern scheinbar. Auch das Unterscheidungsmerkmal des Philosophen gegenüber dem Dialektiker, nämlich die „Entscheidung für die Lebensweise“, könnte hier genannt sein, obwohl sie sich schon deutlich aufs Praktische bezieht. Das Interessante an der „Wendung der Fähigkeit“ ist ja eine „praktische“ Schaltung oder Umschaltung des Theoretischen: also eine Umschaltung innerhalb des Theoretischen mit dem Ergebnis einer bestimmten Theorie-Einstellung. Einstellung oder Schaltung bezeichnen also eine bestimmte Erkenntnis-Disposition, Umstellung oder Umschaltung eine Änderung von einer zu einer anderen.[2]

Das Wort „Wendung“ haben wir dann in der Archäologie des Wissens gefunden, wo Michel Foucault eine „Wendung des Blicks und der Haltung“ für erforderlich hält, damit man zu so einer diffizilen Forschung wie der „Aussagen-Analyse“ gelangt (der ich einen ähnlichen „ontologischen“ Charakter zuspreche wie Aristoteles der Untersuchungsrichtung, die er im Buch IV vorschlägt (und die vom Dialektiker und vom Sophisten nur scheinbar eingeschlagen wird)).
Erkenntnis-Einstellung, Erkenntnis-Richtung wären zwei Bezeichnungen für mehr oder weniger statische Dispositionen. Auf etwas anderen Ebenen habe ich dafür auch die aristotelischen, kantischen, lacanischen Wissenseinstellugen namhaft gemacht, die bei diesen Autoren in großen Klassifikationen auftauchen und sozusagen zur Auswahl bereit stehen.
Für den Moment der Einstellungs-Änderung hat Platon den Begriff der metanoia geprägt: Umdenken, Umdenkung – und hat damit eine ganz drastische Änderung gemeint: eine auch körperliche Umdrehung, einen physischen Aufbruch, einen zunächst schmerzhaften Umbruch. So etwas hat dann Foucault auch mit der sogenannten Spiritualität im Auge: einer Unterordnung unter die Wahrheit, die sogar Opfer verlangen kann.
Diesen foucaldischen Moment erwähnen Armen Avanessian und Anke Hennig in „Metanoia. Spekulative Ontologie der Sprache (Berlin 2014) in ihrer Einleitung, dem besten Teil ihres Buches, und im Epilog illustrieren sie einen solchen Moment mit einer wohl autobiographischen Erinnerung an Thomas Bernhard-Lektüre.
Daß bei Platon und erst recht im Christentum metanoia eine tendenziell religiöse Bedeutung hat, ist offensichtlich. Immerhin verwendet ja auch Foucault den Begriff „Konversion“. Die Parallelität zwischen der griechisch-wissenschaftlichen und der christlich-religiösen Bedeutung von metanoia bildet ein Hauptthema in dem neuen Buch von Paolo Zennini und Marco Vannini: La rivelazione greca di Simone Weil (Milano 2014), wobei sie die Seite der griechischen Wissenschaft wohlgemerkt von religiösen Aspekten freihalten.
Das früher einmal genannte Buch von Bruno Delorme: De la tragédie aux évangiles (Montrouge 2009) spricht ja von einem Einfluß sowohl der Poetik wie auch der Rhetorik, also von „religionsfreien“ Disziplinen der griechischen Wissenschaft, auf das Zustandekommen der neutestamentlichen Texte.

Es geht also nicht darum, die Problematik der „Erkenntnispolitik“ automatisch mit religiösen Qualitäten zu überhöhen. Ich selber verbinde sie, wie der Begriff zeigt, mit politischen Aspekten (aber nicht mit solchen der Tagespolitik).

Wenn Aristoteles die Leistung der „Ontologie“ an erkenntnispolitische Bedingungen wie „Wendung der Fähigkeit“ und „Entscheidung für die Lebensweise“ knüpft, so handelt es sich doch bei dieser seiner „Ontologie“ – soweit wir bisher sehen – um eine strikt immanentistische Untersuchungsrichtung, für welche Logik und Physik die beiden Vorschulen bilden. Nichts deutet darauf hin, daß seine „Ontologie“ mit der von Heidegger unterstellten „Ontotheologie“ etwas zu tun habe.

Ich persönlich habe mich so einer Ontologie bisher auf die Weise genähert, daß ich Philosophische Physik getrieben habe. Die entspricht ziemlich genau dem, was Aristoteles Physik nennt, welche er als „Zweite Philosophie“ bezeichnet. Und was die zu leisten hat? Viele oder sehr viele Wesenheiten von irdischen Dingen und Vorkommnissen genau bestimmen.[3] Ich würde sagen: ich habe bisher ca. fünfzig Dinge – vom Buch bis zum Berg – genau „definiert“.

Daß andere zeitgenössische Philosophen, die allerdings gern mit „Spekulation“ kokettieren, eine solche Art von Physik lieber „Metaphysik“ nennen, mag gute Gründe haben. Oder aber eher nicht so gute. Denn der amerikanische Philosoph, dessen winziges Büchlein Der dritte Tisch ich sehr empfehle, spricht lieber und sehr passend von „objekt-orientierter Philosophie“.[4]

Walter Seitter



[1] Siehe Menschenfassungen. Studien zur Erkenntnispolitikwissenschaft. Mit einem Vorwort des Autors zur Neuausgabe 2012 und einem Essay von Friedrich Balke: Tychonta, Zustöße. Walter Seitters surrealistische Entgründung der Politik und ihrer Wissenschaft (Weilerswist 2012)
[2] Eine allererste „erkenntnispolitische“ These findet sich im bekannten ersten Satz der Metaphysik. Aber dabei handelt es sich um eine anthropologische These mit Allgemeingültigkeitsanspruch.
[3] So bestimmt Aristoteles in der Metaphysik die Aufgabe der Physik: Met. VII 1037a.
[4] Siehe Graham Harman: Der dritte Tisch (Stuttgart 2012)

Donnerstag, 20. März 2014

In der Metaphysik lesen (1005b 17 – 1006a 12)


Die beiden im letzten Protokoll formulierten Eigentümlichkeiten des Dichtwerks (nach Aristoteles) – nämlich die logische und die physische, lassen sich zu einer einzigen zusammensetzen: ein Dichtwerk ist eine unwahrscheinliche Wirkungseinheit (mit einem hohen Grad von Negentropie).
Das gesuchte erste Axiom lautet: Es ist unmöglich, daß dasselbe demselben in derselben Beziehung zukommt und nicht zukommt (1005b 19). Dieser „Satz vom Widerspruch“, genauer wohl „Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch“ kann als Grundprinzip der klassischen Logik etwa so erläutert werden: wer etwas sagt, muß mit seinen Worten etwas bezeichnen wollen. Wer etwas bezeichnen will, bezeichnet etwas Bestimmtes. Wenn etwas Bestimmtes bezeichnet wird, dann heißt das, daß die gebrauchten Worte nicht ebensogut etwas anderes bezeichnen können .... Gleichzeitig gilt der Satz auch als ontologisches Prinzip – in dem umgangssprachlichen Sinn, daß er für alle Aussagen über Wirklichkeit gilt. Etwa: Seiendes ist seiend und nicht nicht seiend. Wenn etwas ist, ist es und nicht etwa nicht. Wenn etwas so ist, wie es ist, dann ist es so, wie es ist und nicht anders.
Beide „Richtungen“ des Satzes widersprechen einander überhaupt nicht, vielmehr implizieren sie einander.
An der Stelle, wo Aristoteles ihn hier einführt, läßt er sich jedoch auch noch „spezifisch aristotelisch“ einordnen. Ob er selber „nur“ logisch oder doch auch „ontologisch“ zu verstehen ist: in Metaphysik IV wird er als eine weitere – und überraschende – Seinsmodalität des Seienden als solchen eingeführt. Überraschend weil ein „bloßer Satz“ eine Seinsmodalität sein soll. Nicht überraschend weil er in seinem ontologischen Gehalt – wie eben erläutert – ganz auf Identität insistiert: was ja dem Hauptduktus der aristotelischen Ontologie voll entspricht. Ein bißchen doch wieder überraschend, weil er sich mit dieser Identitäts-Insistenz dem Differenz-Duktus der aristotelischen Ontologie zu verweigern scheint. Die aristotelische Ontologie setzt identitär ein und entfaltet sich dann sehr differenzial – bis hin zur glatten Negation. Aber diese Differenzial-Entfaltung inkludiert das Nicht-Seiende weniger mit Aussagen als vielmehr mit Thematisierungen.
Soviel zum „Satz an sich“, bei dem sich Aristoteles gar nicht lange aufhält. Er geht gleich auf eine andere Ebene über, eigentlich hat er diese dem Satz schon vorgeschaltet: die Ebene menschlicher Verhaltensweisen gegenüber diesem Satz, insbesondere „negativer“ Verhaltensweisen (die aber von vornherein nur „negativ“ eingeführt werden). Da wird der prominente Negator Heraklit genannt – aber er und der Satz werden gleich mit drei verschiedenen Menschenverhalten umkleidet: einige „meinen“, daß Heraklit „sagt“ – was er er oder sonst einer (wenn er das sagt) gar nicht notwendigerweise auch „annimmt“. Also ein Eiertanz um den den aristotelischen Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch leugnenden Heraklit herum. Meinen, sagen, annehmen – diese drei „erkenntnispolitischen“ Verhalten werden unterschieden und zusammengefügt, um die heikle Erkenntnissituation des Satzes zu erläutern. In einem Nachsatz wird die Annahme der Leugnung des Satzes durch den Leugner sogar als unmöglich bezeichnet – denn der Leugner würde entgegengesetzte Meinungen haben. Wir können sagen, daß Aristoteles mit diesen anthropographischen, erkenntnispolitischen Argumenten den Satz „beweisen“ will – obwohl er „an sich“ nicht bewiesen werden kann. Quasi-Beweis mit „argumentum ad hominem“.
Anschließend vermehrt Aristoteles die Zahl derer, welche die Satz-Leugnung vertreten – Aristoteles: sie gebrauchen diese Rede. Es sind „viele auch von denen über die Natur“ (1006a 2).
Diejenigen, die hier einen Beweis fordern, ein wiederum anderes erkenntnispolitisches Verhalten, tun das aufgrund von „Unbildung“ – auch das eine erkenntnispolitische Qualifizierung (wobei die Urheber der Unbildung nicht PISA-mäßig erfaßt sind). Aristoteles behauptet, daß nicht alle Sätze bewiesen werden können – und daß sich unter diesen auch höchste Prinzipien-Sätze befinden, ohne welche gar kein Beweis möglich wäre.

Am 3. Februar habe ich von Kurt Flasch die Aussage über Nikolaus von Kues zitiert, derzufolge dieser die aristotelische Kategorienordnung (Priorität der Substanz) in Frage gestellt habe. Wie wir wissen, kommt sowas auch bei Aristoteles vor und in gewissem Sinn geht auch die Serie der Seinsmodalitäten etwas in diese Richtung. Aber bei Kues sollen auch schlimmere Sachen vorkommen: Leugnung des Satzes vom ausgeschlossenen Widerspruch durch die theologische Bestimmung Gottes als „coincidentia oppositorum“: er ist der höchste und der geringste usw..[1] Kues macht solche Aussagen jedenfalls zunächst von dem Gott, der damals bereits tausenderlei Bestimmungen biblischer, theologischer, philosophischer Herkunft bekommen hatte. Aristoteles würde einen solchen Gott eher von sich weisen und sähe daher keinen Anlaß, sich von ihm diesen Satz, welcher „von Natur aus der Ursprung der anderen Axiome“ ist (1005b 34), in Frage stellen zu lassen.

Walter Seitter


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Sitzung vom 19. März 2014


[1]Siehe Kurt Flasch: Nikolaus von Kues. Geschichte einer Entwicklung (Frankfurt 1998): 105ff.

Donnerstag, 13. März 2014

In der Metaphysik lesen (1005b 2 – 1005b 17)


Axiome sind unbeweisbare Sätze, die sich auf alle Seienden beziehen und daher vom Philosophen aufzustellen sind, der das Seiende allgemein und das erste Wesen betrachtet (1005a 35) – diese Definition des Philosophen scheint die beiden Untersuchungsrichtungen der „gesuchten Wissenschaft“ zu unterscheiden und zusammenzustellen. Die vorsokratischen Naturphilosophen haben gemeint, ihnen obliege diese philosophische Aufgabe. Aber Aristoteles deklariert, daß die „Natur nur eine Gattung des Seienden“ ist. Folglich ist die Wissenschaft von der Natur nicht die gesuchte Wissenschaft, wohl aber ist sie eine Philosophie – doch nicht die erste. So nähert sich Aristoteles seiner später getroffenen Feststellung, die Physik sei die „Zweite Philosophie“. Was aber ist die andere Gattung des Seienden neben der Natur? Etwa die Kultur - Kunst, Technik, techne? An dieser Stelle denkt er wohl kaum in dieser Richtung, die unserer heutigen Erkenntniseinstellung näher liegen würde (in der Physik stellt er tatsächlich die beiden Bereiche als Kausalitätsfelder nebeneinander). Sondern er denkt wohl an die Gegenstände der Ersten Philosophie. 

Da Aristoteles die Vorlesung zur Physik vor der von uns jetzt gelesenen gehalten hat, dürfen wir die didaktische Reihenfolge - „Zweite Philosophie“ vor „Erster Philosophie“ – für die von ihm empfohlene halten. Ausdrücklich aber postuliert er die Reihenfolge – „Analytik“ (also Logik) vor der (Ersten) Philosophie (und wohl auch vor der Zweiten). Die Vorschaltung der Logik unterscheidet ihn von seinem Lehrer Platon, der die Geometrie vorangestellt hat (und damit Pythagoras nahestand).
„Axiome“ oder „syllogistische Prinzipien“ heißen die Prinzipien, um die es hier geht. Und es gilt, das sicherste, das erkennbarste, das täuschungsfreieste ausfindig zu machen, damit die Erste Philosophie ihrem „superlativischen“ Anspruch gerecht wird. 

Was unsere jahrelange Lektüretätigkeit betrifft, so entspricht sie nicht vollkommen der aristotelischen Studienordnung, denn wir haben zuvor weder die Physik noch die Analytik gelesen. Die Poetik könnte am ehesten als Kulturwissenschaft gelten, sie weist aber auch Ähnlichkeit mit einer „physikalischen“ Wissenschaft auf: die Dichtung hat auch natürliche Ursachen, die Tragödie hat sich entwickelt, bis sie ihre Form gefunden hat, und ein gutes Dichtwerk wirkt wie ein eindrucksvolles „Tier“. Gab es da auch so etwas wie Analytik, Syllogistik? Die Tragödie soll nach Aristoteles eine wahrscheinliche Verkettung aus „unwahrscheinlichen“ Einzelmomenten sein: ein höchst paradoxer multipler narrativer Syllogismus aus Überraschungen. Eine Notwendigkeitsverknüpfung aus Unmöglichkeiten.

Walter Seitter


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Sitzung vom 12. März 2014

Donnerstag, 6. März 2014

In der Metaphysik lesen (1005a 11-35)


In einem großen Exkurs ziehen wir Vergleiche zwischen

der aristotelischen Dreigliederung der Wissenschaften in die theoretischen, die poietischen, die praktischen

der kantischen Unterscheidung zwischen theoretischer Vernunft, Urteilskraft, praktischer Vernunft

der lacanischen Unterscheidung der vier Diskurse: Herrschaft, Wissen, Hysterie, „Analyse“. Die Einstellung „Wissen“ zeichnet sich durch „Ausschaltung“ des Subjekts aus – aber auch die ist eine Schaltung und folglich eine Einstellung des Subjekts: eben die „wissenschaftliche“.

Der technologisch-psychologische Begriff der „Einstellung“ könnte geeignet sein, die jeweilige Gegebenheit von Wissenschafts-, Vernunft-, Diskurssorten zu bezeichnen; oder aber „Haltung“ bzw. für die Änderung „Schaltung“. Aristoteles suggeriert den Begriff „tropos“ (Wendung) für die Qualifizierung zum Philosophen und Foucault verwendet den verwandten Begriff „conversion“ für die Qualifizierung zum Aussagenanalytiker, den wir als „ontologischen“ bezeichnet haben. Es geht um Subjektqualifizierungen. In der Nähe dieses Begriffes hat Foucault von Arbeit des Subjekts an sich, von Subjekttransformationen und sogar von Subjektopferungen – unter dem Anspruch der Wahrheit - gesprochen (damit dem wörtlichen Sinn von „Subjekt“ nahekommend).
In Foucaults Archäologie des Wissens kann man eine „ontologische“ Sprachanalyse sehen, insofern da Eigentümlichkeiten der „Ontologie“ im Sinne von Buch IV auf den Gegenstandsbereich der Sprache, genauer gesagt auf den Praxisbereich des Kundgebens angewandt werden: „angewandte Ontologie“. Bei Aristoteles hingegen erscheint die „reine Ontologie“ als selbständige Ausarbeitung der vielen Bestimmungen, die dem Seienden als Seiendem zukommen: vom Wesen über alle möglichen Seinsmodalitäten bis zu deren Negationen. Im Mittelalter sind besonders die „Transzendentalien“ dazugekommen, mit denen das Seiende konvertiert werden kann: unum, verum, bonum, pulchrum.

In der Neuzeit konzentriert sich die ontologische Fragestellung auf die Existenz als solche, das heißt die Existenz in der Abhebung von der Nicht-Existenz, die Existenz in allen Nuancen der Fast-Nicht-Existenz. So bei Foucault, bei dem aber auch ein Netz von lateralen Beziehungen dazukommt, wodurch die Kundgabe dann doch wieder entschieden „positiviert“ wird.
Im 3. Kapitel kommt Aristoteles auf die „Axiome“ zu sprechen. Dabei handelt es sich um Sätze, die vom Seienden als Seienden gelten, folglich von allen Seienden. Das heißt es handelt sich hier um eine weitere Ausprägung oder Modalität des Seins nach den vielen anderen bereits genannten. Dennoch liegt sie auf einer anderen Ebene: Axiome sind nämlich Sätze und nicht Sachverhalte oder Sachaspekte wie die bisher genannten. Ursachen sind Sachen, die verursachen. Prinzipien sind entweder Ursachen oder aber Sätze. Die Axiome sind eine Teilmenge innerhalb der Prinzipien-Sätze. Mit den Axiomen springt die Ontologie direkt in die Logik über – bleibt aber Ontologie. 


Walter Seitter


Sitzung vom 5. März 2014