τὸ μὲν οὖν αἰσθάνεσθαι ὅμοιον τῷ ... νοεῖν.

Das Wahrnehmen nun ist ähnlich dem ... vernünftigen Erfassen.

Aristoteles (De Anima III, 7: 431a)

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Samstag, 26. Oktober 2013

In der Metaphysik lesen (1000a 25 und b)


Nach einem kurzen Rekapitulieren des Protokolls von voriger Woche, kommen wir auf die dort ausgeführten Begriffe von Ursachen und Prinzipien. Wir bemerken ihre antiquierte und auch archaisch anmutende Wirkung, stellen aber fest, dass diese Bedeutungen in heutiger Zeit in einer anderen Fassung nach wie vor relevant sind und wirken. Wir spüren dem Wort Ursache nach und stellen folgendes fest: Ursache ist bei Kant: Bedingung der Möglichkeit. Ursache ist bei Foucault: Bedingung der Wirklichkeit. Ursache ist bei Freud: der Trieb.

Eine psychologische Ursache ist das Motiv. Von besonderer Relevanz bei Aristoteles ist „Motiv“, da es mehr als ein bloßes psychologisches Moment, nämlich auch eine Bewegungsursache ist. Bspw. ist das Gute ein solches Motiv, welches alles anzieht, da alle Menschen, für sich, nach ihm streben, und sich auf das Gute hinbewegen wollen. Bspw. ist auch das Beste ein solches Motiv. 982b8 schreibt Aristoteles vom Besten in der ganzen Natur. Allerdings ist uns auch dieser Satz von geringem Nutzen, wenn wir ihn nicht in unsere Sprache übersetzen. Ein anderes Motiv wäre auch: Der Mensch strebt von Natur aus nach Wissen. (Was übrigens nicht bedeutet: der Mensch strebt von Natur aus nach Wissenschaft.) 

Aristoteles richtig lesen, stellen wir fest, bedeutet sein Werk in die heutige Sprache und in die Begriffe der heutigen Wissenschaft zu übersetzen. Und zwar mit dem ganzen Spektrum an möglichen Begriffen vor Augen, um Nachvollziehbarkeit und Gültigkeit zu gewährleisten.

Aristoteles ist auf der Suche nach den fernsten Ursachen, wohingegen sich die Einzelwissenschaften mit den naheliegenden Ursachen auseinandersetzen. Das Fernste ist für Aristoteles vorrangig und primär, während das Naheliegende nachrangig ist. Unter diesem Stern steht die Metaphysik.

Wir kommen zum 3. Buch 1000 a 25 und b: Empedokles nennt den Streit als Ursache des Entstehens und Vergehens. Nur ein Gott der Streit in sich trägt kann Streit erkennen. Ein Gott ohne Streit wäre demnach ein mangelhafter Gott, da sich Gleiches nur durch Gleiches erkennen lasse, und dieser somit nicht erkennen würde. (Im Gegensatz zu heute: Wo erkennen durch Unterschiede erfolgt.)

Empedokles entwirft also ein mögliches defizitäres Gottesbild. 

Hingegen sollen und können wir den Begriff „Gott“ bei Aristoteles durch „göttlich“ ersetzen und in die Zone der ersten Ursachen setzen. Dadurch gelingt ein aus heutiger Sicht völlig ungewöhnlicher Zusammenschluss von Gott und Wissenschaft. Gott und Wissenschaft nämlich schließen sich bei Aristoteles nicht aus. Angeblich, betonte Walter Seitter, hätte Kant Gott und Wissenschaft mit dem unerkennbaren Ding an sich und der unerkennbaren Seele des Menschen getrennt. Aber nur angeblich.

Es wäre jedenfalls eine große INNOVATION könnten wir Wissenschaft mit Gott begreifen; sehen aber, dass wir das Wort und den Begriff Gott, durch andere Wörter und Begriffe ersetzen müssten. Wir müssten das was wir mit Aristoteles machen, mit Gott machen, nämlich diesen in die Gegenwart übersetzen.
                                                                                                                   
Mathias Illigen

 

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